Friedrich Raab war ein antisemitischer Politiker in Hamburg. Nach dem Volksschulbesuch hatte er eine kaufmännische Lehre angefangen, die er nach dem frühen Tod des Vaters aber abbrechen musste, um seine fünf jüngeren Geschwister mit zu ernähren. Er soll daher zunächst als Grünwarenhändler und Brotträger gearbeitet haben. Von 1880 bis 1882 diente er im Infanterie-Regiment Nr.76. 1885 machte er sich als Porzellanmaler selbstständig. In seiner Jugend gehörte Raab dem „Deich-Hammerbrooker Jünglingsverein“ an, der die Arbeiterschaft von den Sozialdemokraten abwerben und für eine christlich-soziale Politik gewinnen wollte. Hier sei er nach eigenem Bekunden zum Antisemiten geworden. Raab heiratete die Schwester des Leiters, des Stadtmissionars Johannes Irwahn. In der Folge widmete er sich intensiv dem organisierten Antisemitismus: 1884 gründete Raab den antisemitischen Verein „Litteraria“, aus dem 1888 der „Deutsche Verein“ hervorging, dessen Vorstand Raab angehörte; hier sammelten sich vor allem Angehörige des Handwerks und des Kleingewerbes. Nach vereinsinternen Auseinandersetzungen gründete Raab den „Antisemitischen Wahlverein von 1890“, dessen Vorsitzender er wurde. Nach und nach baute Raab sein antisemitisches Netzwerk weiter aus, wirkte reichsweit als Vortragsreisender und versuchte in der Öffentlichkeit, die Antisemiten als Sozialreformer und Interessenvertretung des Mittelstandes anzupreisen. In diesem Kontext zielte er auch darauf, die Bürgervereine in Hamburg entsprechend zu beeinflussen. Er selbst war bis zu seinem Tode Vorsitzender des „Vereins Hamburger Bürger zu St. Georg von 1886“. Im Alldeutschen Verband setzte er sich von Anfang an für dessen antisemitische Ausrichtung ein. 1893 gab Raab mit Irwahn den Anstoß zur Gründung des antisemitischen „Deutschen Handlungsgehülfen Verband zu Hamburg“, der sehr erfolgreich die kaufmännischen Angestellten sammelte und ab 1896 „Deutschnationaler Handlungsgehilfen-Verband“ hieß. 1893 wurde er Vorstandsmitglied der Hanseatischen Druck- und Verlagsanstalt, die ab 1894 das antisemitische „Deutsche Blatt“ herausgab. Nach der Spaltung der Hamburger Antisemiten orientierte sich Raab an der als gemäßigt-konservativ geltenden Deutschsozialen Partei Max Liebermann von Sonnenbergs. Von 1897 bis 1904 war er Mitglied der Hamburger Bürgerschaft für die antisemitische Deutsch-soziale Reformpartei. Von 1898 bis 1912 gehörte er mit kurzen Unterbrechungen dem Reichstag für die Wirtschaftliche Vereinigung bzw. die Deutschsozialen an; er war als Vertrauensmann des Bundes der Landwirte in Schleswig-Holstein gewählt worden. Von 1896 bis 1899 wirkte Raab im Vorstand der Deutschsozialen Reformpartei sowie von 1900 bis 1912 in dem der Deutschsozialen Partei. Nachdem er sein Mandat im Wahlkreis Flensburg-Apenrade 1903 verloren hatte, wurde er im hessischen Wahlkreis Eschwege-Schmalkalden gewählt. Raab war ein einflussreicher antisemitischer Multifunktionär, der nachhaltig dazu beitrug, antisemitisches Gedankengut gerade im Mittelstand zu verbreiten. Er verband die soziale Frage mit der „Judenfrage“ und behauptete eine jüdische Übermacht im Wirtschaftsleben und setze Wirtschaftsliberalismus mit Judentum gleich. So versuchte er, die Sorgen von Arbeitern, kleinen Angestellten und der mittelständischen Bevölkerung aufzugreifen und einfache Erklärungen und Lösungsmöglichkeiten anzubieten. |